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Zu Besuch auf dem BAUERNHOF WEGGUN bei Frank van der Hulst

Seit 2009 betreiben Marjolein und Frank van der Hulst den Bauernhof Weggun. Der Agraringenieur und die Betriebswirtschaftlerin aus den Niederlanden verwirklichen auf dem alten Dreiseitenhof und auf 38 Hektar Land ihr Konzept von einem gesunden Kreislauf aus Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen.

Seit 2009 betreiben Marjolein und Frank van der Hulst den Bauernhof Weggun. Der Agraringenieur und die Betriebswirtschaftlerin aus den Niederlanden verwirklichen auf dem alten Dreiseitenhof und auf 38 Hektar Land ihr Konzept von einem gesunden Kreislauf aus Boden, Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Familie lebt hier mit ihren sechs Kindern. Kern ihres Geschäfts ist der Anbau von Beerenobst: Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Rhabarber, die von Weggun aus frisch zu den Kunden kommen oder auf dem Hof zu Sirup und Fruchtaufstrichen verarbeitet werden. Und weil es zum Kreislauf gehört, halten sie Hühner (und Hähne) und Schafe, verkaufen Eier und Lammfleisch, und bauen Gemüse und Futter an.

Bauernhof Weggun GbR
Fürstenauer Straße 29
17291 Nordwestuckermark OT Weggun

www.weggun.de

Die Dächer von Wohnhaus, Stall und Scheune ducken sich zwischen den Feldern, eine kleine Tafel an einem Abzweig an der Hauptstraße gibt einen kurzen Hinweis, dass genau dort der Bauernhof Weggun ist. Die letzten Meter geht es über einen Sandweg. Feiner Septemberregen lässt die roten Falläpfel glänzen, die Hofhündin hat ein nasses Fell, die Hühner verschwinden gackernd im Unterstand, einzig die Schafe auf dem grünen Hügel zeigen sich ungerührt vom feuchten Uckermark-Herbst. Es ist um 10, Frank van der Hulst hat die Tiere versorgt. Der 55-Jährige nimmt sich Zeit für einen Kaffee am großen Holztisch in der Küche und für ein Gespräch.

Wenn sich zwei Niederländer auf einem alten Bauernhof in der Nordwestuckermark niederlassen, stellen sich einige Fragen ganz von selbst. Also: Warum Weggun? Warum Beeren?

Andere Reihenfolge: Zuerst stand fest, dass wir unter biologisch-ökologischen Gesichtspunkten Beeren anbauen und sie vermarkten wollen – eine Marktnische, die wir ausgemacht hatten. Unser Wunsch: Mit und von der Landwirtschaft zu leben. Und weil wir dafür in den Niederlanden das notwendige Land nicht bekommen konnten, waren wir auf der Suche nach dem richtigen Ort, diesen Wunsch umzusetzen. Wir waren für alles offen, auch Peru oder Irland… Nachdem aber feststand, dass wir regional für den Berliner Markt produzieren wollten, haben wir in einem Radius von 100 Kilometern gezielt gesucht. Und dieser alte Hof, den es schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gibt, auf dem aber kaum noch Landwirtschaft betrieben wurde, war zu haben. Deshalb also Weggun.

Nun unterliegt man bei so einem Hof in Alleinlage schnell der Versuchung, vor allem die Idylle zu sehen…

Es ist vor allem viel Arbeit. Wir haben hier wirklich bei Null angefangen, alles aufgebaut. Viel gepflanzt, nicht nur die Beeren, sondern auch viele Kilometer Naturhecke und Obstbäume auf den Wiesen. Heute sind dort Insekten und andere Tiere zu Hause, finden die Hühner Schatten, die wiederum die Flächen um die Bäume frei von Unkraut halten. Wir ernten in jeder Saison Beeren, die besten werden frisch vermarktet, den Rest verarbeiten wir selbst. Wir sehen unsere Produkte als Lebensmittel, nicht als Rohstoffe. Wir verstehen uns als Teil des Kreislaufs, als Teil der Natur. Und dieses Selbstverständnis wollen wir auch unseren Kunden und Gästen vermitteln.

Wie gelingt das?

Es begann damit, dass wir uns schon vor dem Start die Frage gestellt haben: Was fehlt uns? Und recht schnell die Antwort gefunden haben: Es fehlt die Nähe, der Bezug der Menschen zur Landwirtschaft und ihren Produkten. Wo kommt unser Essen her? Eine elementare Frage, mit der auch viele aktuelle Probleme in der Landwirtschaft und der Ernährung verbunden sind. Eine philosophische Frage. Es geht um unsere Verbindung mit der Erde, mit der Natur. Es ist mein großes Anliegen, als Mensch, als Produzent, in Verbindung mit meinen Produkten gesehen zu werden. Meine Produkte haben etwas mit diesem Ort zu tun, mit meiner sozialen Verantwortung, mit der Verantwortung für die nächste Generation. Und dann ist es kein Marketing-Gag, wenn auf der Eierverpackung ein Foto meiner Frau ist. Anders als bei großen Marken, wo auf Massenprodukten so geworben wird. Bei uns steht ein Mensch dahinter, der Verantwortung trägt. Und wenn meine Frau diese Eier in Berlin in der Markthalle verkauft und der Kunde erstaunt sagt: Das sind ja Sie … Ja, selbstverständlich. Das sind wir. Das meine ich mit der Nähe. Viele unserer Produkte werden in Bio- und Naturkostläden in der Hauptstadt verkauft und ich freue mich, jeden Freitag selbst dort zu sein. Ich spreche gern über das, was wir tun und warum. Und ich glaube, so bauen Menschen nach und nach ein engeres Verhältnis zu den Produkten und Erzeugnissen auf. So gelingt eine größere Wertschätzung. Mit ist klar, dass das nur kleine Schritte sind, unspektakulär. Aber wichtig. Sie entsprechen mir.

Interessieren sich diese Menschen für die Uckermark?

Ja, sie wollen wissen, wo wir leben und arbeiten. Und manch einer fährt dann zwei Stunden, um sich vor Ort anzusehen, wo die Frühstückseier, die er so schätzen gelernt hat, herkommen. Oder die Brombeeren für die leckere Marmelade. So landen diese Menschen in Weggun, einem Ort, von dem sie noch nie gehört hatten. Sie sehen, wie wir produzieren. Zum Beispiel, dass ihre Eier von sogenannten Zweinutzungshühnern kommen, die weniger legen als die reinen Legerassen, aber anders als diese auch Fleisch liefern. So dass sich die Frage nach den männlichen Küken nicht stellt, da sie bei uns aufgezogen und ebenfalls vermarktet werden. All das erklären wir gern. Wir freuen uns natürlich, dass wir „schuld“ sind, wenn Menschen hierherkommen. Und wer einmal diese Region entdeckt hat, kommt oft wieder.

… und macht Urlaub oder zieht für immer oder eine bestimmte Zeit des Jahres in die Uckermark. Sind das auch Kunden für den Bauernhof?

Wir beliefern zwar nicht direkt Anbieter, aber es kommen Gäste und Urlauber ganz gezielt zu uns. Weil sie in den Ferienunterkünften den Hinweis bekommen haben, weil sie uns im Internet gefunden haben oder weil vielleicht der Fahrradverleiher sie zu uns schickt. Und wir unsere Besucher zu ihm… So hat sich ein Netzwerk gebildet, das sich immer mehr erweitert, das finde ich sehr gut. Da ist gerade einiges in Bewegung.

Inwiefern?

Lange Zeit schlossen immer mehr Läden, die für die Menschen in den Dörfern „der Konsum“ war. Das waren oft die letzten Anlaufpunkte in den Orten, nachdem die Dorfkneipe schon zu war. Jetzt beobachte ich, dass neue Dorf- und Regionalläden öffnen. Interessant für regionale Produzenten und für die Menschen wieder wichtige Treffpunkte. In wenigen Tagen findet der 11. Regionalmarkt statt, ich freue mich darauf, dort zu sein, mit anderen Produzenten, Kunden und Besuchern zu sprechen. Das entspricht uns als Region und das macht uns auch für Urlauber interessant. Die Natur erleben, Kontakte zu Menschen, Authentizität, „Echtes“ vermitteln. Das ist oft nichts Spektakuläres, aber ich denke, es ist etwas, wovon beide Seiten profitieren – die Produzenten, die Menschen vor Ort und die Kunden und Besucher.

Sehen Sie so auch Ihre Rolle als Partnerunternehmen des Naturparks Uckermärkische Seen?

Der Bauernhof Weggun liegt mitten im Naturpark und wir verstehen uns als Teil dieser Landschaft, in diesem ökologischen System. Das kann nur funktionieren, wenn wir uns als Teil dieses Kreislaufs begreifen und so handeln. Und da sind wir wieder bei unserem Selbstverständnis. Deshalb passt das wunderbar und wir vermitteln diese Ziele gern weiter. Ich möchte auch gern eine Wanderung anbieten, eine elf Kilometer lange Runde, die ich selbst sehr gern gehe. Über Boitzenburg, Boisterfelde, durch Weggun, vorbei am alten Gasthof zur Linde, der ja vielleicht wieder einen Pächter findet. Und dann einen Weg mit einer neugepflanzten Hecke – mit Unterstützung des Naturparks übrigens – bis zu unserem Hof. Im Stall wollen wir einen Hofladen einrichten. Ganz in der Nähe verläuft auch der Radweg „Spur der Steine“. Wäre schön, wenn es gelingt, den noch besser ins Radwegsystem einzubinden.

Zukunftsgedanken. Wie sieht es hier in zehn Jahren aus?

In zehn Jahren wird feststehen, ob eines der Kinder den Hof weiterführen wird. Es wird Zeit für die Übergabe, wir werden sehen, welche Entwicklungen es gibt, vielleicht geht es in neue Richtungen, das ist offen. Fest steht, dass es ein Bio-Hof bleiben wird. Und wir werden noch einmal bauen, in Weggun unseren Alterssitz. Ansonsten wünsche ich mir, dass in der Region kleine Unternehmen, kleine Initiativen stärker wertgeschätzt und unterstützt werden. Und dass es in der Schule ein Fach gibt, in dem Unternehmertum, Verantwortung und Engagement für das Gemeinwohl im Mittelpunkt stehen. Ich wünsche mir eine Uckermark mit Begegnungen und Kultur, eine lebendige, lebenswerte Region.

Interview geführt von Birgit Bruck

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